FDP sieht das kritisch, wenn das Gas abgestellt wird
Das „grüngeführte“ Wirtschaftsministerium bereitet den Rückbau der Netze vor. Betreiber dürfen Anschlüsse künftig kündigen und neue Kunden ablehnen. Die FDP sieht das kritisch.
Lukas Köhler (FDP): Der Rückbau von Gasnetzen ist der falsche Weg
20.03.2024 Phoenix
Der klimapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Lukas Köhler, warnt vor einem Rückbau der Gasnetze. Pläne dazu waren jüngst in einem Papier des Bundeswirtschaftsministeriums erörtert worden. Die Themen Wasserstoff und Biogas würden in Zukunft eine ganz wesentliche Rolle spielen, denn „desto mehr Wasserstoff oder Biogas wir nutzen, desto weniger Strom brauchen wir zum Beispiel“, so Köhler im Interview bei Phoenix. Er betonte: „Heute schon anzunehmen, dass Wasserstoff viel zu wenig da sein wird, das können weder wir noch die Grünen, das werden tatsächlich der Markt und die Technologie entscheiden. Deswegen wäre jetzt der Rückbau von Gasnetzen und die Ankündigung dessen der falsche Weg.“
Wasserstoff sei an sich keine komplizierte Sache. Am Ende gehe es um die Frage, ob man einen Abnehmer habe, also einen Markt, der schnell genug für den Hochlauf sorge. Gerade Deutschland sei mit den Stahlwerken und den Gaskraftwerken, die man in Zukunft mit Wasserstoff betreiben wolle, ein „super Markt, der genau das kann, nämlich Elektrolyseure bauen und gleichzeitig auch viel Wasserstoff abnehmen will.“ Er mache sich deshalb keine Sorgen davor, dass man in Zukunft günstigen Wasserstoff in großen Mengen zur Verfügung haben werde. Man sollte nicht heute schon von dem Rückbau von Netzen sprechen, sondern vor allem darüber, wie man Technologien anreize. Aus diesem Grund müsse man zu einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik zurückkehren und Unternehmen in Deutschland ansiedeln. „Wir müssen für Investitionen sorgen und dafür benötigen wir insbesondere grüne Energie, vor allen Dingen aber günstige Energie“, so Köhler.
Was heißt das für bestehende Gasheizungen?
Bisher gilt: Netzbetreiber müssen jeden Kunden anschließen. Nun will der Bund den Betreibern erlauben, den Anschluss zu kündigen oder einen neuen zu verweigern. „Eine Verweigerung ist derzeit nur möglich, wenn der Anschluss dem Netzbetreiber aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist. Dies kann im Laufe der Transformation im Widerspruch zur Stilllegung beziehungsweise Umwidmung der Netze stehen“, heißt es in dem Papier. Daher solle es jetzt einen „Paradigmenwechsel“ geben: So sei in der entsprechenden EU-Richtlinie das Recht der Betreiber zur Anschlussverweigerung und sogar Kündigung vorgesehen, um das EU-Klimaziel zu sichern. Dabei müssten Verbraucherinteressen gewahrt bleiben.
Kann man noch neue Gasheizungen einbauen?
Ab 2045 dürfen in Deutschland keine neuen Gasheizungen mehr eingebaut werden. Aber schon vorher könnte der Einbau daran scheitern, dass der Netzbetreiber keine neuen Anschlüsse mehr zulassen will – was ihm erlaubt werden soll. Der Betrieb der Netze müsse, für die Betreiber insgesamt wirtschaftlich tragfähig bleiben, heißt es. „Insbesondere dürfen keine Anreize gesetzt werden, die dazu führen könnten, dass Verteilernetze weiterbetrieben werden, obwohl sie langfristig nicht benötigt werden.“
Wie viel Zeit haben Verbraucher?
Das Ministerium hat aus dem Krach um das Heizungsgesetz gelernt: „Überraschende Stilllegungen für Nutzer sind durch geplante Prozesse zu vermeiden“, betont es. „Der neue Ordnungsrahmen muss den Betroffenen, insbesondere den bisher an das Erdgasnetz angeschlossenen Kunden, Rechtssicherheit bieten und gleichzeitig ausreichend Spielraum beinhalten, damit vor Ort die für die örtlichen Gegebenheiten besten Lösungen realisiert werden können.“ In Deutschland gibt es mehr als 700 Gasnetzbetreiber.
Ähnliche Beiträge der letzten Monate
- Barrierefreier Umbau der Haltestelle Altmülfort
- FDP will, dass die Ampel jetzt liefert
- Entwicklung der städtischen Finanzen
- Infostand der FDP in Odenkirchen
- Deutschland muss wachsen
- FDP: Neuer 12-Punkte-Plan ist der richtige Weg
- EU-Wahl: Jetzt wählen junge Menschen FDP
- FDP MG erneut im NRW Landesvorstand vertreten
- Gesundheitspolitiker fordern Ende der Zeitumstellung
Was ist mit Wasserstoff?
Er ist der Hoffnungsträger fürs Klima. Im November stellte Energieminister Robert Habeck (Grüne) die Pläne für das Wasserstoffkernnetz vor, das 9700 Kilometer an Leitungen umfassen soll. Abteilungsleiter Philipp Steinberg schrieb auf der Plattform LinkedIn: „Nachdem das Wasserstoffkernnetz jetzt hoffentlich auf der Zielgeraden ist, gilt es, sich um die Verteilnetze zu kümmern.“ Die Betreiber würden berechtigterweise erwarten, „dass wir die Bedingungen regeln“.
Wie sind die Reaktionen?
Nach Ansicht der energiepolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ingrid Nestle, erhalten Kunden mit der kommunalen Wärmeplanung Planungssicherheit: „Schon heute ist nicht jedes Privathaus ans Gasnetz angeschlossen. In 50 Jahren werden es tatsächlich weniger sein als heute.“ Kommunen würden entscheiden, wo sie auf Fernwärme, Wasserstoff, Biomethan oder dezentrale Wärme setzen. Auch Nina Scheer (SPD) verwies auf die Wärmeplanungen, die bis 2026 von Kommunen über 100.000 und bis 2028 von größeren Kommunen vorzulegen sind. In der FDP wird der Rückbau abgelehnt. Fraktionsvize Lukas Köhler sagte, es gebe keine Grundlage, „Wasserstoff als zukünftigen Energieträger von vornherein als knapp und teuer“ darzustellen. Diskussionen um die Stilllegung von Gasnetzen seien unangemessen.