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Fahrradwerkstatt des Paullädchens in Mülfort

Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 11/2018 | Garnet Manecke

Die Ereignisse in Essen haben die Arbeit der Tafeln wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht. Auch in den Regionen Heinsberg und Mönchengladbach gibt es acht Tafeln, bei denen Ehrenamtliche kostenlos Lebensmittel an Bedürftige verteilen.

In der Fahrradwerkstatt des Paullädchens in Mülfort engagieren sich vor allem Flüchtlinge.

 Doch das reicht nicht: In vielen Gemeinden haben sich zusätzlich kleine Läden für Bedürftige etabliert. Zwei Mal in der Woche macht das Paullädchen in der Gemeinde Mülfort (GdG Giesenkirchen) seine Türen auf. Etwa 40 bis 50 Familien werden hier mit Lebensmitteln versorgt. Die Preise liegen 50 Prozent unter dem Ladenpreis. Manche Lebensmittel sind gespendet worden, die meisten haben die Ehrenamtlichen gekauft. „Wir finanzieren uns ausschließlich über Spenden“, sagt Manfred Buntfuß. Er gehört zum Team der Ehrenamtlichen, die im Paullädchen arbeiten. 2013 wurde das Paullädchen von vier ehrenamtlich engagierten Frauen und Männern gegründet. „Die Idee ist entstanden, weil uns aufgefallen ist, dass in Mülfort viel Altersarmut herrscht“, sagt Buntfuß. Immer wieder hätten Menschen an der Tür des Pfarrhauses geklingelt und um Spenden gebeten. „Wir haben gedacht, dass wir da etwas unternehmen müssten“, sagt Buntfuß.

Als das Paullädchen eröffnete, sei der Kundenstamm schnell auf 20 bis 30 Familien angewachsen. „Als 2015 die Flüchtlinge kamen, stieg die Zahl der Kunden zeitweise auf über 100 Personen pro Ausgabetag an“, berichtet Buntfuß. Die Zahl sei wieder zurückgegangen. Vor allem Alleinerziehende und ältere Menschen kämen nun. „Mehr als 80 Prozent sind Migranten“, sagt Buntfuß. Probleme zwischen den Kunden gebe es nicht. Den Grund dafür sieht Buntfuß in dem Aufenthaltsraum, den das Paullädchen hat. Hier warten die Kunden, trinken einen Kaffee und kommen miteinander ins Gespräch. Daraus sind auch schon neue Angebote entstanden: Die Fahrradwerkstatt zum Beispiel, in der Flüchtlinge alte Drahtesel reparieren, die dann gegen einen Obulus von zehn Euro weitergegeben werden.

Dass die Kunden etwas zahlen, hat zwei Gründe: Zum einen wird so ein Teil der Materialien finanziert, zum anderen holt diese Praxis die Kunden aus der Rolle der Almosenempfänger heraus. „Auch bei der Ausgabe der Lebensmittel helfen Flüchtlinge mit, packen die Taschen, räumen die Regale ein, helfen beim Einkaufen und dolmetschen für uns“, berichtet Buntfuß.

Die Frage wird aufgeworfen, wie die Gesellschaft mit Ehrenamtlichen umgeht

Ähnlich wie in Mülfort ist auch das Hanneslädchen in der Gemeinde St. Johannes (GdG Rheydt-West) organisiert. Auch er wurde vor fünf Jahren eröffnet. „Wir haben mehr Kunden als früher“, stellt Gemeindereferent Roland Weber fest. Pro Einkaufstag kommen etwa 80 Frauen und Männer, vorwiegend mit Migrationshintergrund. „Verändert hat sich, dass sie sich mitunter draußen zanken“, sagt Weber. Das Hanneslädchen-Team hat den Zugang daraufhin mit Absperrungen wie an einem Flughafen geordnet. Dennoch kommen die Ehrenamtlichen mitunter an ihre Grenzen. „Es geht immer wieder darum, dass wir ein gutes Miteinander haben und wie wir damit umgehen“, sagt Weber. „Dazu treffen wir Absprachen im Team.“

Die Diskussion um die Essener Tafel werfe die Frage auf, wie die Gesellschaft mit den ehrenamtlich engagierten Frauen und Männern umgehe. Die dürfe man nicht einfach alleine lassen. „Wir treffen uns regelmäßig mit allen Projektgruppen und reflektieren unsere Arbeit“, sagt Weber. Ehrenamtliche brauchten auch Unterstützung.

Flüchtlinge engagieren sich in vielen verschiedenen Projekten ehrenamtlich

Der Aspekt der Integration sei bei den Angeboten wichtig, finden die Verantwortlichen des Vereins Amos in Heinsberg-Oberbruch. Vor 13 Jahren hat der Verein den Amos-Laden eröffnet, der nach dem Tafel-Prinzip arbeitet. An drei Tagen werden hier gespendete Lebensmittel an Arme und Arbeitslose abgegeben. Diese Tafel war eine der ersten Angebote dieser Art im Kreis Heinsberg. Aber allein die Lebensmittelabgabe reicht nicht, um den Menschen zu helfen. Der soziale Kontakt mit anderen, die Integration und die Beratung seien wichtige Pfeiler, um die Kunden zu unterstützen.

Deshalb hat das Team von Anfang an das örtliche Pfarrheim als Standort ausgewählt. Neben dem Laden befindet sich ein Arbeitslosenzentrum. Wie das Hanneslädchen in Rheydt Teil eines Quartiertreffpunkts mit verschiedenen Angeboten ist, wird auch bei Amos die Möglichkeit zur Begegnung und Unterstützung für Flüchtlinge und andere Rat- und Hilfesuchende angeboten. Während der Öffnungszeiten des Lebensmittelladens öffnet das Café International im Arbeitslosenzentrum. Das gegenseitige Kennenlernen hat dazu geführt, dass sich Flüchtlinge und andere Bedürftige ehrenamtlich in Projekten engagieren.